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Vom Wachstum. Oder: Was mein Garten mit dem Schreiben zu tun hat.

Als wir vor etwa zehn Jahren aufs Land zogen, habe ich von einem Bauerngarten vor dem Haus geträumt. Rittersporn, Klatschmohn, Pfingstrosen, Phlox, Levkojen, Lupinen, Cosmeen, Stockrosen, Akelei, Muskatellersalbei, und dazwischen Pfefferminze und wilder Dost, Kamille, Salbei Thymian, ach und Rosen natürlich! Es sollte so üppig und bunt werden! Ungefähr so bunt wie Lisettes Garten in Leuchtende Tage. Ich habe gepflanzt und gepflanzt… Jedes Jahr aufs Neue. Weil der Garten vor dem Haus komplett nach Süden zeigt, hat er sich jedoch spätestens ab Ende Juni in eine Steppe verwandelt und sah sehr traurig aus. Nur wenige der Stauden haben überhaupt überlebt. Trotzdem habe ich es immer wieder versucht. Ich wollte es einfach! Und wenn ich mir mal etwas in den Kopf gesetzt habe…. Ich weiß gar nicht, wie viele Rittersporn Pflanzen ich dort eingepflanzt habe… 

Nach den trockenen Frühlingen und Sommern der letzten Jahre habe ich vor zwei Jahren aufgegeben. Diese dürre Wüste vor dem Haus hat mich so deprimiert. Inspiriert von der englischen Gärtnerin Beth Chatto und mit der Hilfe unseres örtlichen Gartenbaubetriebes hab ich dann vor 2 Jahren einen Kalksteingarten angelegt. Nein, nein, kein Schottergarten des Grauens. Im Gegenteil. Mit hiesigem Kalkstein und heimischen Pflanzen, die Sonne, Trockenheit und Kalk besonders lieben. Und ihrerseits von Bienen und allen möglichen anderen Insekten geliebt werden. Besonders in diesem trockenen Sommer freue ich mich darüber wie eine der wilden Hummeln, die täglich darin brummeln. In den insektenfreundlichen Garten schwirren Taubenschwönzchen neben Wildbienen, löchriges Totholz bietet Unterschlupf und es blüht! Wie es blüht! Das ist die reinste Freude. Obwohl ich nicht giesse, wippen die Blüten der Gaura fast 2 Meter hoch über meinem Kopf im Wind, die Spornblumen vermehren sich und wachsen kräftig und gesund. Dazu Wollziest, Salvien, Sommerflieder, Meerkohl und Königskerzen, Malven und Disteln.

Es sind andere Pflanzen als ich mir vorgestellt habe. Aber es sind die richtigen für diesen Standort. Und sie wachsen und gedeihen.
Beth Chatto hat ihren Garten in schwieriger Lage nach diesem Prinzip angelegt: jede Pflanze gedeiht dort, wo die Bedingungen des Lebensraums gut zu ihr passen.
Genau wie wir Menschen auch.
Eigentlich ist das genau mein Lebensmotto.
Da wo man sich wohl fühlt, kann man sich entfalten, kann man wachsen und gedeihen.
Das ist – mehr oder weniger – das Thema jedes einzelnen meiner Romane und Drehbücher.
Wie verrückt, dass ich so lange gebraucht habe, dieses Prinzip für den Garten umzusetzen.

astridruppert

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